Geschichte der Dessauer

Propsteikirche St. Peter und Paul

Mit der Einführung der Reformation unter Fürst Georg III. von Anhalt erloschen in Dessau und in Anhalt die katholischen Gemeinden. Über ein katholisches Leben in der Zeit danach bis ins beginnende 18. Jahrhundert liegen keine Berichte vor.

Die Pfarrei St. Peter und Paul zu Dessau ist aus der um 1697 gegründeten Franziskanermission hervorgegangen und erhielt 1719 einen ständigen Seelsorger. Der Gottesdienst wurde im Schlafzimmer beim damaligen katholischen Schlosshauptmann Trinthammer an der Schlosswache 1 abgehalten.

P. Gilbertus Berningk OfM, der die erste katholische Kirche in Dessau nach den Plänen der Dresdener Hofkirche bauen wollte, scheiterte Ende des 18. Jahrhunderts an der Finanzierung. Seit 1805 befand sich die Kapelle (St. Franziskus) und die Wohnung des Seelsorgers in der Amalienstiftung Poststr. 5.

Unter Erasmus Tusch aus Böhmen wurde am 02.06.1830 die Missionsgemeinde Dessau durch das herzogliche Konsistorium zur Pfarrei erhoben.

Pfarrer Dr. theol. Franz Küstner aus Duderstadt baute 1854/1858 die neogotische, dreischiffige St. Peter und Paul-Kirche nach den Plänen des Kölner Dombaumeisters Vinzenz Statz, welche durch den Apostolischen Nuntius von München Don Flavio Fürst Chigi-Albani am 27.10.1858 konsekriert wurde.
In diesen Jahren wurde auch das Pfarrhaus gebaut. – Pfr. Johannes Schulte gründete um die Jahrhundertwende die Station der Grauen Schwestern v.d.hl. Elisabeth.

Pfarrer Dr. Heinrich Hähling v. Lanzenauer (1904/12) erbaute das St.-Joseph-Krankenhaus, die katholische Schule und erweiterte nach Plänen des Paderborner Dombaumeisters Arnold Güldenpfennig die Pfarrkirche um drei Gewölbe nach Osten hin. Er starb am 30.08.1925 als Weihbischof von Paderborn.
 

 

Beim Bombenangriff auf Dessau am
7. März 1945 wurde die Kirche schwer beschädigt. Unter Dechant Franz Carré begann 1951 der Wiederaufbau, der 1958 abgeschlossen wurde.

In den Folgejahren erhielt die Kirche eine neue Orgel.

Unter Pfarrer Reinhold Heuel begann 1967 der große Umbau mit einer wesentlichen Neugestaltung des Kircheninnenraums. Diese konnten im Frühjahr 1968 abgeschlossen werden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg belebten Heimatvertriebene u.a. aus Schlesien, dem Sudetenland und dem Ermland das katholische Gemeindeleben neu. Doch etliche zog es rasch weiter nach Westen.

Am 1. Januar 1973 verließen die Grauen Schwestern v.d.hl. Elisabeth die Stadt Dessau. Das St. Joseph-Krankenhaus wurde vom Caritasverband Magdeburg weitergeführt.

Am 26. Februar 1974 wurde die Pfarrkirche zur Propsteikirche erhoben und Pfarrer Reinhold Heuel wurde als erster Propst installiert.

Der neue Altar wurde am 7. November 1976 durch Bischof Braun konsekriert. Er birgt die Reliquien der heiligen Justus, Constantius, Tranquilla und - als Geschenk des Erzbischofs von Paderborn - Reliquien des heiligen Liborius. Darin findet  die besondere Verbundenheit der Dessauer Katholiken mit dem Mutterbistum Paderborn ihrern tiefen Ausdruck.

1994 erfolgte die Übernahme des kath. Krankenhauses durch die Kongregation Alexianerbrüder unter Einbeziehung des ehemaligen Robert-Koch-Krankenhauses in Dessau-Alten.

Umfassende Sanierungs- und Renovierungsarbeiten an der Kirche wurden von 1995 bis 1999 unter Propst Max Pritze durchgeführt, der nach 25-jähriger Tätigkeit in Dessau 2001 in den Ruhestand ging.

Dessen Nachfolger Propst Dr. Gerhard Nachtwei wurde im Dezember 2001 zusätzlich die Seelsorge in der Pfarrvikarie Oranienbaum (mit Wörlitz und Vockerode) anvertraut. Im Jahre 2007 gründete Bischof Gerhard Feige aus der Propsteigemeinde sowie den Gemeinden in Dessau-Süd, Dessau-Alten, Aken (Elbe) und oranienbaum einen Gemeindeverbund. Im November 2010 wurden diese Gemeinden aufgehoben und in die neue Pfarrei St. Peter und Paul Dessau eingegliedert. Pfarrkirche ist die Propsteikirche St. Peter und Paul.

Heute zählt die Propsteigemeinde ca. 1000 Mitglieder. Katholische Christen machen etwa 2,8 % der in Dessau lebenden Bevölkerung aus. Ca. 10 % der Dessauer sind Protestanten. Die nach der Wende zugezogenen Christen bringen neue Kirchenerfahrungen und Ideen in die Pfarrei ein, aber sie begegnen auch Rückfragen. So manche kommen aus vielen Ländern der Welt.

Es gibt viele Angebote für alle Altersstufen in unserer Gemeinde. Jeder ist herzlich eingeladen, sich und seine Ideen einzubringen.

Am 30. August 2015 wurde Propst Dr. Gerhard Nachtwei mit einem festlichen Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet.
Zum neuen Pfarrer und Propst wurde Dr. Mathias Hamann ernannt, der am 3. Januar 2016 durch Bischof Dr. Gerhard Feige in sein Amt eingeführt worden ist.

Weitere Artikel zur Geschichte der Propsteigemeinde:

Zeitungsartikel zur Kirchweihe 1858Aus dem „Anhaltischen Staatsanzeiger“
anlässlich der Kirchweihe am 27. Oktober 1858

Nach jahrelangen Mühen und Sorgen sind wir endlich dahin gelangt, daß unser frommes Unternehmen, der Bau einer eigenen katholischen Kirche mit Pfarrhaus, der Vollendung entgegenschreitet. Während das Pfarrhaus bereits bewohnt ist, steht die Einweihung der Kirche ehestens bevor. Unter Gottes gnädigem Beistande und unter Beihilfe vieler edlen Menschenfreunde ist der Bau zwar langsam, aber ohne irgend ein Unglück vorgeschritten, und darf derselbe, wie im Ganzen so im Einzelnen, als gelungen betrachtet werden. Wir sind darüber in Dank gegen Gott und alle unsere Wohltäter hoch erfreuet und diese Freude wird dadurch erhöret, daß wir von der Teilnahme an unserer Freude seitens unserer lieben Mitbürger und Landsleute so vielfache Beweise haben. Es galt ein Unternehmen, das zur Verherrlichung Gottes und zum Wohl und Heile unserer Gemeinde gereichen sollte. Seit länger als einem Jahrhundert fehlte es derselben an einem eigenen Kirchlein und fast eben so lange war es der Wunsch und die Absicht unseres hochfürstlichen Herrscherhauses, daß ein solches in hiesiger Residenzstadt erbauet würde.

Nachdem nun im Jahre 1854 ein Platz unweit des Zerbster Tores (wodurch zugleich die längst beabsichtigte Geradeführung der Zerbster Straße erreicht wurde) mit nicht unbedeutenden Kosten erlangt und gnädigst uns geschenkt war, was unsere Gemeinde zum ewigen Danke gegen unser erhabenes Herrscherhaus verpflichtet, da galt es nun weiter, ein Kirchlein zu bauen, das auch im Äußern solcher Gnade unseres edlen Landesvaters, das Dessau´s würdig war. Nahe sind wir jetzt dem Ziele, aber noch ist dasselbe nicht vollständig erreicht. Noch Manches ist für das Innere der Kirche zu beschaffen, noch Vieles für schon Geschehenes zu zahlen. Vielseitig sind wir von unseren Glaubensbrüdern unterstützt worden, aber so manche menschenfreundliche Gabe ist uns durch im Glauben von uns getrennte Brüder zu dem frommen Werke zu Teil und von uns dankbarst angenommen worden. Sollten daher auch wohlwollende Menschenfreunde unter unsern lieben Mitbürgern und Landsleuten geneigt sein, mit einer freiwilligen Gabe, sei sie groß oder klein, zu demselben Zwecke uns zu erfreuen, so erklären wir hiermit, daß dieselbe mit dem innigsten Danke von uns werde angenommen werden.

Zugleich bringen wir hierdurch zur Anzeige, daß die Einweihung unserer Kirche jetzt auf den 27. des Monats festgesetzt ist. Seine Excellenz der päpstliche Nuntius in München, Fürst Chigi, hat zugesagt, dieselbe als apostolischer Vikar der Anhaltischen Herzogtümer in Person zu vollziehen. Die Feierlichkeit wird gegen 9 Uhr vormittags beginnen.

Am 27. Oktober: Einweihung der Kirche
Am 28. Oktober: Firmung und erste Kommunion der Kinder
(an beiden Tagen ist Predigt und Pontifikalamt mit Kirchenmusik)
Am 29. Oktober: Feierlicher Gottesdienst mit Hochamt und Predigt zur Danksagung für alle Wohltäter. Ebenso Hochamt und Predigt am Sonntag den 31. Oktober
Am 1. November: als dem Festtage aller Heiligen und
Am 2. November: dem Gedenktage aller Verstorbenen.

Dessau, 16. Oktober 1858

Der Kirchenvorstand der katholischen Gemeinde
 
Was im Dritten Reich alles verboten wurde

  • 1.7.1933:
    Erstes Verhör von Dechant Kroll durch die politische Polizei betr. Jugendvereinigungen. Beschlagnahme des Vermögens des Volksvereins für das katholische Deutschland.
  • Gründonnerstag 1934:
    Zweites Verhör von Dechant Kroll wegen der verkündigten Indizierung des Rosenbergschen Buches
    “Mythos des XX. Jahrhunderts”.
    Verwarnung für Vikar Egert wegen einer Predigt über den Bekennerbischof Conrad Martin.
  • 21.12.1934:
    Vorzensur des Weihnachtshirtenbriefes von Erzbischof Caspar von Paderborn.
  • 11.5.1935:
    Kündigung des gemieteten Kolpingheimes Waldfrieden seitens des Oberbürgermeisters.
  • 8.6.1935:
    Die Polizei verbietet den Marsch der katholischen Jugend zum Pfingstlager Antoniusklause bei
    Zschornewitz und das Lager überhaupt.
  • 25.7.1935:
    Die Polizei verbietet den konfessionellen Jugendverbänden die Uniform, das geschlossene öffentliche Auftreten mit Fahnen und Wimpeln, das Tragen von Abzeichen und alle Sportgeländeübungen.
  • 1936:
    Anläßlich des 14. Krönungstages des Papstes wird eine außerkirchliche Feier in einem Saale nicht gestattet.
  • 21.12.1936:
    Dechant Kroll wird bei der Gestapo wegen Nichtflaggens des Kirchturmes am 9.11.1936 verhört.
  • 27.7.1937:
    Dechant Kroll muß sich vor einem ordentlichen Gericht wegen des Nichtflaggens verantworten.
    Das Verfahren wird eingestellt, “da die Sandsteinkrabben brüchig sein sollen”.
  • 29.7.1937:
    Haussuchung bei Vikar Pütter – er selbst war im Urlaub – durch die Gestapo wegen des Jungmännervereins. Das Vermögen, die Liederbücher, Fahne und Wimpel werden beschlagnahmt. Zwei Schränke in der Pfarrbibliothek werden versiegelt.
  • 1937 erscheinen neue staatliche Richtlinien zur Erteilung des Religionsunterrichtes: Christus sei arisch gewesen. Das Alte Testament sei hintenan zu setzen. Der Religionsunterricht sei nicht dogmatisch, in Form des Katechismus zu erteilen, sondern mehr historisch und “biblisch”.
    Diese Richtlinien sollen auch für katholische Schulen und katholische Lehrer gelten.
    Die Lehrer lehnen ab.
  • Durch Schreiben vom 2.4.1938 wird die Oberstufe unserer Schule, d.h. die letzten vier Schulklassen, aufgehoben. Durch Schreiben vom 20.7.1938 wird die ganze katholische Schule am 31.3.1939 aufgelöst.
  • Der Oberbürgermeister hat als Ortspolizeibehörde am 6.4.1938 die Genehmigung zum Bau der neuen St. Trinitatis-Kirche in Dessau-Süd mit folgendem Schreiben versagt:
    Die Baugenehmigung zu Ihrem Bauantrag vom 13.8.1937 muß ich auf Grund der Verordnung über baupolizeiliche Maßnahmen zur Einsparung von Rohstoffen vom 30.6.1937 aus Gründen der Rohstofflage ablehnen. Bei der heutigen Rohstoffknappheit im mitteldeutschen Raum sind die Baustoffe vorzugsweise für lebenswichtige Bauten wie Siedlungen usw. zu verwenden. Der Neubau von Kirchen gehört nicht zu den bevorzugten Bauten. Diese Entscheidung ist endgültig.”
  • Am 29.5.1938 wird die Kirche nach dem letzten Gottesdienst von der Gestapo durchsucht.
    Der Grund: A.H. besucht die Stadt.
  • 5.1.1939: Die althergebrachte öffentliche Weihnachtsfeier wird zwei Stunden vor Beginn verboten.
  • 13.2.1939: Die Teilnahme von Angehörigen der ehemaligen deutschen Wehrmacht an der Trauerfeier für Papst Plus XI. ist verboten worden.
  • 9.3.1941: Die Stadtverwaltung beschlagnahmt den Saal des Gasthauses Haideburg zur Unterbringung kroatischer Arbeiter. Hier fand der Gottesdienst für Dessau-Süd statt.
  • 9.4.1941: Ohne schriftliche Willenserklärung des Kranken kann der Geistliche im Kreiskrankenhaus Dessau keinen Besuch machen. Taufen dürfen im Kreiskrankenhaus nicht mehr gespendet werden.
  • 28.6.1941: Verbot des katholischen Kindergartens.
  • 8.8.1941: Der Oberbürgermeister der Stadt hat durch Schreiben mit Zustellurkunde für den plötzlich eintretenden Notfall die vorsorgliche Beschlagnahme der Kirche mit allen Nebenräumen zur Unterbringung von Dienststellen der Wehrmacht und der Partei ausgesprochen.
    Ein Protest des Erzbischöflichen Generalvikariates Paderborn vom 1.9.1943 ist umsonst.
  • 30.6.1943: Die Richtlinien über die kirchliche Betreuung der ausländischen Zivilarbeiter sehen vor, daß ausländische Geistliche ohne eine vom Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten ausgestellte Sondergenehmigung nicht tätig sein dürfen.
    Ein Gegenantrag von Dechant Kroll ist vom Reichssicherheitshauptmann verworfen worden.
    Grundsätzlich sollen alle Ausländer deutsch lernen und sprechen.